Zivis an Schulen: Wahrer Mehrwert

Standpunkt in der basellandschaftlichen Zeitung vom 27.05.2015

Seit dem Jahr 2009 ist es möglich, dass sich jeder militärdiensttaugliche Schweizer ohne Gewissensprüfung für den 387 Tage dauernden Zivildienst entscheidet, statt für den 260 tägigen Militärdienst. Ich selbst habe mich schon seit längerem dazu entschieden, den Militärdienst zu verweigern und Zivildienst zu leisten. Mittels eines Formulars und nach einer vierwöchigen Bedenkzeit, wurde ich als Zivi bestätigt und konnte mich selbstständig auf die Suche nach einer Stelle machen und ins Bewerbungsverfahren einsteigen. Nach kurzer Zeit fand ich eine Stelle an einer Primarschule im Kanton Baselland und durfte dort einen Monat später anfangen. Ich absolvierte meine 387 Diensttage alle am Stück und konnte während dieser Zeit sowohl in Kleinklassen, als auch in Integrationsklassen mitwirken und die Lehrpersonen aktiv unterstützen und ihnen assistieren. Mein Arbeitstag war sehr vielfältig und dauerte von 07.25 Uhr bis ca. 16.30. Neben dem Kopieren von Unterlagen, vorbereiten von Arbeitsblättern, korrigieren von Hausaufgaben, begleiteten Pausen, Garderobenaufsicht, leiten von Spielen im Turnen und vielem mehr konnte ich die Lehrpersonen entlasten und sie konnte sich vermehrt auf pädagogische Arbeiten konzentrieren.

Nun wurde in den vergangenen Tagen im Nationalrat diskutiert, ob man die Zivildienstleistenden, kurz „Zivis“, auch in Regelklassen einsetzen darf. Bis anhin kann man Zivis in Integrations- und Kleinklassen einsetzen. Der Bundesrat möchte dies vor allem deshalb, da seit der Abschaffung der Gewissensprüfung der Andrang auf den Zivildienst enorm gestiegen ist und gleichzeitig der Bedarf an den Primarschulen und Kindergärten an Zivis existiert. Viele militärdiensttaugliche Männer bevorzugen einen sinnvollen Dienst – einen Dienst, der der Allgemeinheit zugutekommt. Von den Linken bekam die Vorlage des Bundesrates Sukkurs, da sie den Mehrwert von Zivis in den Primarschulen erkannten. Von der Bürgerlichen wurde eingebracht, dass Zivis keine Vorbildfunktion erfüllen, da sie sich gegen den Militärdienst entschieden haben.

Doch wieso sollten Zivis plötzlich auch in Regelklassen arbeiten dürfen? Zu Beginn ist ganz wichtig, dass ein Zivi laut Gesetz keine Lehrpersonen ersetzen darf, sondern den Lehrerinnen und Lehrern im Unterricht assistieren soll. Lehrkräfte würden damit nicht überflüssig, sondern lediglich weniger Burnout gefährdet. Mit der aktuellen Tendenz und dem Spardruck im Kanton Baselland, die Regelklassen bis zu Höchstzahl zu füllen und nicht mehr bloss der Richtzahl anzupassen, steigt der Druck und die Anforderungen auf die Lehrpersonen. Weiter steigt auch der Anteil an Kindern, welche zusätzlichen Förderunterricht benötigen oder welche den DaZ- Unterricht (Deutsch als Zweitsprache) besuchen. Mit der Einführung der Frühfremdsprachen in der Primarschule wäre ein Zivi eine grosse Hilfe. Wieso lässt man dann nicht einen Zivi die Kopien, Pausenaufsicht, Korrektur von Hausaufgaben etc. machen? Die Lehrpersonen könnten sich somit endlich wieder der Pädagogik zuwenden und würden entlastet werden. Die Kinder hätten eine zusätzliche Betreuungsperson im Klassenzimmer, an welche sie sich wenden können und die Zivis bekommen einen umfassenden Einblick in den Schulalltag, aus der Sicht einer Lehrperson. Ein Zivi in einer Primarschule ist ein wahrer Mehrwert und ermöglicht einen weitaus sinnvollen Einsatz für die Gesellschaft und für die Zukunft.

Sehen wir es als Chance und lassen die Zivis auch auf die Regelklassen los. Es kommt gut!

Jan Kirchmayr, ehemaliger Zivi an einer Baselbieter Primarschule

Zivis an Primarschulen

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